Montag, 30. Januar 2012

Vier Pferde für eine Salatschüssel

(teo) Wenn der Brite zu seiner Lieblingsbeschäftigung aufbricht, dann ist auf der Pferderennbahn gemeinhin Hochbetrieb. Natürlich steht im Zentrum des Interesses neben wolkenkratzerhohen Ganzkörper-Hüten das eilfertige Bestreben, aus einem Pfund ein Kilo zu machen. Aber es 
Wo laufen sie denn?

(Bild von der Pferderennbahn in
Eving-Lindenhorst (c):
Thomas Ottensmann)
geht auch, nun ja, um Sport. Und um die Begeisterung für Hochspannung und Rasanz im Vergleich der Rassetiere und kleinen Männchen im Sattel. 


Besonders knappe Rennen, in denen mehrere Tiere Kopf-an-Kopf ins Finish gehen und oft nur durch Fotos als Sieger oder Zweite, Dritte, Vierte deklariert werden können, sorgen für Blutdruck auf den Rängen. Der gemeine Brite nennt das, was derzeit in den deutschen Stadien stattfindet, übrigens "A Four-Horse-Race". Pöhler, Knappen, Fohlen und ein hochdekorierter Zuchthengst ohne Lust auf das alltägliche Deckgeschäft liegen nahezu gleich auf, die drei Erstgenannten nur durch ein Foto des Torkontos unterscheidbar, einen Zähler dahinter der Fast-Absteiger Borussia Mönchengladbach, der mit einem 3:0-Auswärtssieg beim Angstgegner in Stuttgart den Klassenerhalt feierte. Am 19. Spieltag, mit drei Punkten mehr als in der gesamten letzten Saison. 


In England wird über Gladbach übrigens derzeit als "Borussia Barcelona" (Guardian) geschrieben. Die Stimme der englischen Reporter bei Eurosport überschlägt sich gerne mal, wenn Reus, Herrmann und Arango ins Rollen geraten. Nun lassen wir die Kirche aber mal einfach im Dorf und, ähem, Zossen Zossen sein. 


Denn der deutsche Meister (nur der BVB!) ist längst wieder in Meisterform und pöhlt sich von Sieg zu Sieg. 3:1 gegen Angstgegner Hoffenheim und nun 13 Spiele in Folge ungeschlagen und kein Ende in Sicht. Was Wunder, das Spiel gegen Gladbach ist ja erst am 32. Spieltag in der vorletzten April-Woche. 


Und was ist mit dem Meister von 1958? Ach, Schalke! Ja, die knappen Knappen, die zuletzt ähnlich laut wie beim Auswärtssieg in Köln jubelten, als die Verschuldung erstmals seit gefühlten 81 Jahren wieder unter die 200-Millionen-Euro-Grenze rutschte, sind vorne mit dabei. Fahren Sieg um Sieg wie mit der Lohre ein und glauben an die Meisterschale. Außer Huub Stevens, der sieht seine Mannschaft noch nicht so weit. Guter Mann. Und seit wann ist ein 4:1-Sieg in Köln (vgl. auch Gladbachs 3:0) ein wirklicher Maßstab für Titeltauglichkeit? 


Ebensowenig übrigens wie ein rumpeliges 2:0 gegen VW, wie es der Rekordmeister aus Oberbayern herausarbeitete. Der Schock der 1:3-Schlappe im Borussia-Park sitzt noch prima im Kleinhirn, so scheint es. Weiter so. 


Wer wird also Meister? Bei Ratlosigkeit aller Orten hilft ja gerne ein Blick ins Große Binsenbuch der Weisheiten. Dort steht, dass ein guter Sturm den Klassenerhalt sichert und eine gute Abwehr die Meisterschaft. Die beste Abwehr der Liga hat die Borussia VfL 1900 Mönchengladbach e.V. mit 12 Gegentoren in 19 Spielen. Es folgen auf den Rängen: Bayern München (13) und Borussia Dortmund (14), vor 1899 Hoffenheim (22) sowie Hannover 96 und Schalke 04 (je 24). 


Doch wenden wir uns spannenderen Geschichten zu. Und die werden bekanntlich im Gedrängel und Geschiebe auf den Plätzen geschrieben. Werder und Leverkusen trennten sich 1:1 und liegen weiterhin nur einen Punkt voneinander entfernt auf den für die Teilnahme an der kleinen Gelddruckliga berechtigenden Plätzen 5 und 6 Kopf an Kopf. A Two-Horse-Race sozusagen. Mitmischen will da auch noch Hannover 96, das drei, respektive vier Punkte dahinter läuft.  


Und dann beginnt - lustige Bundesliga - der Abstiegskampf. Hoffenheim als Achter hat satte drei Punkte Vorsprung auf den Tabellenfünfzehnten Hertha BSC, das sich mit dem Trainerwechsel ein schönes Kuckucksei ins sehr vorösterliche Nest gelegt hat. Die beiden punktgleichen Schlusslichter Freiburg und Augsburg haben vier Punkte Rückstand auf Hertha und den letzten Nicht-Abstiegsplatz. 


Kaiserslautern würde sich am liebsten auf dem Relegationsplatz festtackern. Denn viel mehr scheint in dieser Saison nicht drin zu sein, als die Ausscheidungsspiele gegen den VfL Bochum zu erreichen und zu verlieren. Obwohl Wolfsburg, Stuttgart, der HSV, Mainz 05, der 1.FC Nürnberg und selbstverständlich auch der 1. FC Köln allesamt noch gut daran täten, ihren Blick nach unten anstatt auf das ferne Oben zu richten. Aber auf mich hört ja keiner. 


Und nun? Erst kommt am Donnerstag der Murmeltiertag, dann wird der Deutsche Meister (nur der BVB!) am Freitag um 22.20 Uhr für 27 Stunden Tabellenführer. 


Keine Kommentare: