(teo) 30. Spieltag der Fußball-Bundesliga. Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen. Von den wenigen Antworten mal abgesehen, die ohnehin schon länger auf der Hand liegen. Bayer 04 Leverkusen reist offenbar wirklich nur nach München, um devot "Servus" zu flüstern und artig drei Punkte im Geschenkpapier zu überreichen. Der FC Bayern musste sich bei dem Duell gegen den ewigen Vizemeister in einem flotten Trainingsspiel gegen einen Bayernligisten wähnen. Mit dem 5:1, das gut und gerne auch ein 6:1 oder 7:1 hätte werden können, haben sich die Bayern offenbar auch ein wenig Frust aus den Leibchen geschossen.
Aber wenn die Binse stimmt, das man lediglich so gut kicken kann, wie es der Gegner zulässt - drei Euro für's Phrasenferkel - dann war der Bayernpower am Sonntag eben Tür und Tor geöffnet. Gegenwehr? Fehlanzeige. Ballack als aggressive Leader? Gelächter. So darf sich ein Anwärter auf die Champagner-Liga nicht präsentieren. Als beste Auswärtsmannschaft mit dem besten Sturm gekommen, als geprügelte Schülermannschaft zurück ins Rheinland. Viele vermeintliche Experten meinen, das Bayern-Trauma von Bayer 04 sei reine Kopfsache. Vielleicht hilft Abschrauben?
Deutscher Meister - aufmerksame Leser wissen das seit langem - wird übrigens nur der BVB. Theorie ist grau, Euphorie ist schwarz-gelb. Zwölf Punkte kann Dortmund jetzt noch holen, 81 Zähler wären das dann nach 34 Spieltagen. Aber zwölf Punkte braucht man voraussichtlich ja gar nicht mehr. Insgesamt vier Gelegenheiten liefert der Bundesliga-Spielplan dem sechsmaligen Deutschen Meister nun auf dem Silbertablett, um die begehrte Meisterschale schon vorzeitig an den Borsigplatz zu holen. Viele meinen, dass schon der erste Matchpoint zum siebten Titel reichen könne. Aber weit gefehlt. Denn Mönchengladbach wird zwar völlig unnötigerweise in die 2. Liga gehen, aber sich im internen Duell zwischen der großen und der kleinen Borussia wohl kaum die Punkte abknöpfen lassen. Und wenn es die letzte Kraftanstrengung des VfL in dieser Saison ist. Das am Samstag um 18.30 Uhr als Top-Spiel ausgetragene Duell steigt passenderweise im Borussia-Park, der bekanntlich am Niederrhein steht. Wo sonst?
Erleichterung an der Leine. Schließlich nahm Mirko Slomka nach dem hochklassigen 0:0 in Hamburg zur Kenntnis, das seine 96er sich nun nur noch darauf kaprizieren müssen, den komfortablen Sechspunkte-Vorsprung vor Mainz 05 zu verteidigen, um im nächsten Jahr Europa League spielen zu dürfen. Die große Gelddruckliga war dem an dieser Stelle erstaunlich realistischen Fußball-Lehrer ja ohnehin nie geheuer. Aber Realismus gehört in der Fußball-Bundesliga zu den bedrohten Eigenheiten. Und Mirko Slomka auf die Rote Liste der bedrohten Trainerarten. So. Wäre das auch endlich mal geklärt.
Apropos Rote Liste: Felix Magath hat bei seiner Mannschaft lebensbedrohliche Mangelerscheinungen diagnostiziert: Es fehle "Mannschaftsgeist", "Geschlossenheit" und "Wille" - lustigerweise allesamt Eigenschaften, die im Abstiegskampf recht gut Verwendung fänden. Schlimmer noch: Der Fußball-Mogul hat mittlerweile auch selbst realisiert, dass er wohl kaum Bentley fahren wird. Weil er eine Elf übernommen hat, die genau genommen gar keine Mannschaft ist, sondern ein blutarmes, lebloses Gebilde aus Individualisten, Egoisten und Einzelkämpfern. Das 2:2 gegen den FC St. Pauli gehört zu den glücklichsten Unentschieden seit es Schokolade gibt. Ein Punkt - drei Euro für's Phrasenferkel - der wirklich gar keinem hilft.
Noch nicht mal dem Schlusslicht, das selbst mal wieder nach einem 5:1-Hurra-Sieg eine komische 0:1-Pleite anschloss. Nicht gegebener Elfmeter? Unnötige Gelb-Rote-Karte? Tut ja nix zur Sache. Wenn Gladbach in Mainz zwei Tore vorlegt, dann sind Sonntagsschüsse in der 88. Minute und Platzverweise wegen Dummheit ebenso irrelevant wie ausgefallene Elfmeter. Aber egal. In der nächsten Saison fahren die Fohlen zum Derby eben nicht mehr nach Köln, sondern nach Aachen. Ins Ruhrgebiet geht es nicht mehr nach Dortmund oder Schalke, sondern nach Duisburg und Bochum und in die Provinz nicht mehr nach Sinsheim und Kaiserslautern, sondern nach Cottbus und Paderborn. Soll keiner sagen, man habe nicht gewusst, wie schlimm das im Unterhaus wirklich ist. Und hier noch schnell die Anstoßzeiten der 2. Liga zum Mitschreiben: Freitag 18 Uhr, Samstag 13 Uhr, Sonntag 13.30 Uhr, Montag 20.15 Uhr.
Christoph Daum, der bekanntlich besonders gerne Biographien von berühmten Persönlichkeiten liest, zitierte am Samstag einfach mal Winston Churchill, um zu dokumentieren, was er von seiner Mannschaft nach der unnötigen 0:1-Niederlage bei 1899 Hoffenheim jetzt erwartet: "Never give up." Warum auch, wenn Gladbach verliert und sich Wolfsburg und St. Pauli gegenseitig die Punkte abknöpfen? Die Eintracht hat vier Punkte Vorsprung vor dem Relegationsplatz und ein einfaches Heimspiel vor der Brust: Bayern München kommt - leider noch ohne den neuen Trainer Jupp Heynckes. Wenn Christoph Daum es allerdings mit den Inhalten von Trainingslehre und Taktikschule ähnlich genau nimmt wie mit Zitaten, dann wird es doch noch einmal eng für die Hessen. Winston Churchill sagte 1941 dies: "Never give in. Never give in. Never, never, never, never - in nothing, great or small, large or petty - never give in, except to convictions of honor and good sense."
Well, anything forgotten? Oh, yes: Köln kann doch nicht nur auswärts verlieren, sondern ebenso zünftig zu Hause. War nur lange Zeit in Vergessenheit geraten. Gegen den VfB Stuttgart gabe es eine fulminante 1:3-Schlappe, die den FC jetzt auch wieder in die Lostrommel mit der Aufschrift "Abstieg" schupst. Sind zwar sechs Punkte bis zur Klippe. Aber gegen wen sollen die Kölner in dieser Form denn bitteschön noch einen Punkt holen? Eben.
Nur ein Törchen besser als der ewige Geißbock steht Werder Bremen da, das es nicht schaffte, deutlich verbesserte Schalker in die Schranken zu weisen. 1:1 war leistungsgerecht, obwohl 3:3 sicherlich leistungsgerechter gewesen wäre. Apropos: Leistungsgerechter wäre auch ein 3:0-Sieg des 1. FC Nürnberg gewesen beim Gastspiel auf dem Betzenberg, der mit Vornamen bekanntlich Fritz heißt. Doch es wurde nur ein kümmerliches 2:0 gegen weinrote Teufel, die sich stets bemühten, den Anforderungen an die 1. Liga gerecht zu werden. Der FCK hat mit 34 Punkten auch das rettende Ufer noch nicht erreicht, denn fünf Punkte und zwei Tore sind ein gefährliches Polster, das mit zwei Siegen in Windeseile egalisiert ist.
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