Donnerstag, 16. Februar 2012

Stillleben, Strumpfhosen und Stimmungsaufheller


(teo) In Zeiten der Krise setzen die Menschen an den langen Hebeln bekanntlich gerne auf Brot und Spiele für den Plebs. In diesem Fall haben die Sternsinger aus Unterföhring aber einen ganz teuflischen Plan ausgeheckt: Karneval und Derby-Zeit! An ein und demselben 
Wochenende! Rasse, Klasse, Spaß -alles auf einen Streich. Der 22. 
Eine Ecke, kein Elfer.
(Foto (c): Thomas Ottensmann)
Spieltag der Fußball-Bundesliga , ein wahrer Stimmungsaufheller fürs Volk. Krise, pah! Welche Krise? Und das Graubrot (Doppelback, dunkel, geschnitten) habe ich übrigens heute Morgen schon eingeholt.

Traditionell beginnen die Narren in der Zentrale des Bezahlfernsehens den Spieltag mit einem exqusiten Knaller. Im Stadion des SAP-Betriebssport-Zentrums in Sinsheim kommt es zum traditionreichen Südwestschlager zwischen der TSG von 1899 Hoffenheim und dem 1. FSV Mainz 05. Die Polizei in Heidelberg hat dieses 167. Duell der beiden Klubs zum Hochsicherheitsspiel erklärt und vier Hunderschaften aus Mannheim und Wiesbaden angefordert. Die Fanblöcke gelten als extrem verfeindet. Entsprechend haben beide Vereine im Vorfeld auf Pressekonferenzen erklärt, die Rivalität solle im fairen Rahmen lediglich auf dem Spielfeld ausgetragen werden. Hoffentlich hält der Burgfriede und die Polizeikette! 1899 - FSV 2:2

Am Samstag zur Bundesliga-Anstoßzeit um 15Uhr30 reist der Deutsche Meister (nur der BVB!) zum Derby gegen seinen ehemaligen Meisterspieler Renè Tretschok in die Hauptstadt. Ein kniffliges Ding. Hertha geht mit dem dritten Trainer in das 22. Saisonspiel. Und Hertha wurde bekanntlich mit jedem Trainer jeden Tag ein bisschen besser. Dortmund ist also gewarnt, der Chefpöhler mahnt vor einem gefährlichen Spiel. Zumal Berlin die einzige Mannschaft war, die im Hinspiel im Versicherungspark im Pott gewinnen konnte. Knifflig! Berlin - Dortmund 0:4

Endlich wieder ein Nordderby! Vorbei die Zeiten, als sich Hamburg und Bremen pro Saison achtzehnmal in Liga, DFB-Pokal, Europa League, Alster-Cup, Becks-Halbliter-Pokal und vierzehn anderen Wettbewerben duellierten. Exakt zweimal pro Saison findet dieser Klassiker in diesen trüben Tagen noch Platz im Spielplan. Werder gewann das Hinspiel gegen einen schlappen HSV mit 2:0. Aber unter dem klopp-ähnlichen Coach hat sich der Hamburger SV längst wieder zu einem Weltstadt-Klub entwickelt. Mit prächtigen Perspektiven. Mit Jarolim soll sogar einer der begnadetsten Fußballprofi-Darsteller der Liga gehalten werden. Hamburg gewann die letzten drei Heimderbys. Werder verlor die letzten drei Auswärtsderbys. Brisant! HSV - Werder 3:3


Im Frankenstadion, das längst wie ein leichter Weg in die Schuldenfalle heißt, wird am Faschingsamstag traditionell das historisch seit 1771 belegte 12/14-Derby ausgetragen. Die Clubberer empfangen als Tabellenvierzehnter den Tabellenzwölften 1. FC Köln, der weiterhin auf seinen einzigen Vollprofi verzichten muss. Lukas Podolski ist dabei nicht nur verletzt, sondern am Wochenende auch im Seniorenheim Köln-Hürth im Einsatz, wo er seine Sozialstunden wegen des umjubelten Interviews mit der dicken Blödzeitung ableistet.


Gespannt verfolgt das Publikum auf den billigen Plätzen aber den Auftritt von Miso Brecko am Karnevalssamstag. Nach seiner Roten Karte verlor der Kölner Hobbyfußballer bekanntlich bei einer Fahrt mit dem Auto ins Gleisbett der Kölner Straßenbahn zunächst den Überblick, dann alle vier Reifen und schließlich den Führerschein und noch schließlicher eine hohe fünfstellige Geldsumme, die der Eff-Ceh von ihm einforderte. Wegen, wie es hieß, "unprofessionellen Verhaltens in der Öffentlichkeit und wegen der Verletzung seiner Vorbildfunktion als Spieler des 1. FC Köln".


Sollte sich gefälligst ein Beispiel an Lukas Podolski nehmen, der im Straßenverkehr unbestritten ein leuchtendes Vorbild für eigentlich alle freien Bürger ist. Brecko wiederfuhr sein Ungemach übrigens im Anschluss der internen Karnevalsfeier des FC, unmittelbar nach der begeisternden 0:1-Heimschlappe gegen den HSV. Die Preisrichter der Promille-Kommission zogen hernach unisono die 1,6. Samstag ist in Franken traditionell nicht nur 12/14-Derbyzeit, sondern auch Fasching. Wäre doch gelacht, wenn es am Freitagabend nicht schon irgendwo zünftig zur Sache ginge. Tusch! FCN - Kölle 2:1


Auf dem Betze kommt es am Samstag zum Klassiker-Derby zwischen Kaiserslautern und
Borussia Mönchengladbach. Sieben der letzten acht Spiele verloren die Fohlen bei den weinroten Teufelchen in der Pfalz. Und Lionel Reus ist fraglich, was für die Borussia in der Regel Unheil bedeutet. Lautern seit elf Spielen ohne Dreier. Und seit Menschengedenken auf dem Relegationsplatz festgetackert. Ein Kleiner!! Was für Gladbach in der Regel Unheil in Form einer 0:1-Klatsche (Augsburg, Freiburg, Nürnberg, Schalke) bedeutet. FCK - VfL 0:1

Endlich mal was Neues aus der Forschung: Augsburg ist nicht Barcelona. Leverkusen ist beruhigt. Die "türkise Pestilenz" (Marcel Reif) ist längst wieder aus der rheinischen Provinz abgereist, das Aus der Werkself (c) in der Champagner-Liga ist schon nach dem Hinspiel besiegelt. Gottseidank kommt jetzt die Provinz in die Provinz. Prickelndes Kleinstadt-Derby! Die versammelte Weltpresse hat folgende Notizen aus der Provinz in ihren digitalen Blöcken festgehalten: Robin Dutt ist immer noch Trainer in Leverkusen, Michael Ballack ist immer noch verletzt und Bayer 04 ist immer noch neben der Spur. Was ja auch positiv sein kann (vgl. Miso Brecko). Hochspannung garantiert. TSV 04 - FCA 2:0


Nach Gleichstand in insgesamt vier anstrengenden Kniffel-Runden ergab das Pinneken-Ziehen in der Sternwarte in Oberbayern den drallen Prall des SC Freiburg gegen FC Bayern München als absolutes Topspiel am Samstagabend zur Tischtennis-Aufschlagzeit um 18Uhr30. Die Bayern halten den holländischen Strumpfhosenträger nicht für einen Egoisten. Aber für einen absoluten Weltklassespieler. Der er auch ist. An vier, fünf Wochenenden pro Saison. An sechs bis acht Wochenenden ist er verletzt, an weiteren drei bis fünf außer Form. Folgerichtig soll der Vertrag mit Arjen Robben über 2013 verlängert werden. Sonst noch? Im Schwarzwald hängen die Tannenzapfen verdammt niedrig. Das Derby Klein gegen Groß, bei dem Münchener Keeper schon mal Golfbälle mit der Schläfe stoppen, hat nichtsdestoweniger seine ganz eigenen Gesetze. SCF - FCB 1:5


Am Sonntag zur Handball-Anwurfzeit um 15Uhr30 brennt in der Turnhalle wieder Licht. Und das Dach ist zu. Weil sich fieser Nieselregen angekündigt hat. Felix Magath reist mit zwei VW-Mannschaftsbussen an, weil er endlich mal den kompletten Kader dabei haben will. Zur Sicherheit. Apropos: Auf Schalke lässt Huub Stevens nach der 0:3-Klatsche in Gladbach wieder nach dem Motto "die Null muss stehen" spielen. Unverständlich. Schließlich ist Heiko Westermann längst beim HSV untergekommen. Christoph Metzelder soll einspringen. Wolfsburg wähnt sich als Achter aus dem Gröbsten raus. Schalke als Vierter mit acht Punkten Vorsprung vor einem Nicht-Quali-Platz für die große Gelddruckliga auch. Wie man sich doch täuschen kann. Das Derby "Magath einst" gegen "Magath aktuell" elektrisiert wieder die Massen. Die Pilsbier-Arena ist seit Monaten restlos ausverkauft. Auf dem Schwarzmarkt wurden Karten für das Spiel vierstellig gehandelt. In Stückzahlen. Schalke - VW 1:1


Sky wäre natürlich nicht Sky, würden sich die versierten Fußballkenner nicht einen Leckerbissen für das Sonntagabend-Livespiel aufsparen. Wenn der VfB Stuttgart nach Hannover reist, dann steht die Zeit still. Staubkörner gefrieren im gleißenden Flutlicht zu Stilleben von Caspar David Friedrich. Atemlos nehmen die Zuschauer in der selbstredend ausverkauften Finanzhai-Arena ihre Plätze ein, um Fußball der Extraklasse zu genießen. Das Derby des Siebten gegen den Neunten (beide lediglich fünf winzige Pünktchen voneinander entfernt) ist der Auftakt für rauschenden Karnevalspartys in den beiden Metropolen des Frohsinns. Narhallamarsch! 96 - VfB 2:1

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