Donnerstag, 31. Dezember 2015

Dienstag, 24. März 2015

Unkaputtbare Zitate (XXVII). Heute: Kopfballungeheuer an der Tafel

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Ach ja: War letztens im Barrock in Doatmund. An der Tafel stand das Zitat des Tages: "Ich sag nur drei Worte: Kir Royal!". Is zwar geklaut, abba gut: Der Spruch ist von Kopfball-Ungeheuer Horst Hrubesch, unbestritten einer der wenigen Intellektuellen* unter den Geldverdienern in kurzen Hosen: "Ich sag nur ein Wort: Schönen Dank!". Unvergessen auch sein Zitat im Interview als DFB-Jugend-Bundestrainer zu einer umstrittenen Spiel-Szene: "Das müssen wir alles ersma in Ruhe Paroli laufen lassen."

* (Horst Hrubesch, Dieter Schicker: Dorschangeln vom Boot und an die Küsten, Parey Buchverlag., Berlin 1980, ISBN 3490072146)

Mittwoch, 25. Februar 2015

Best of Blog7 (IV): Speerwerfer, Dachdecker und Mikrofonhalter

(teo) Der 5. Spieltag der Fußball-Bundesliga beginnt mit der Frage, wie viele Interviews nach einem Spiel eigentlich geführt werden können. Bei der Länderspielübertragung am Dienstag wurde offenkundig, dass Mikrofonhalter Jürgen Bergener nach Menge bezahlt wird. Er interviewte wirklich alles, was nicht niet- und nagelfest war. Und es kamen dabei die wirklich wichtigen Fragen auf den Tisch: "Wie war die Situation in der Kabine, Thomas Müller?" - "Alles war sehr aufgeräumt." Immer gut, wenn man als interessierter Fan Wesentliches zum Spiel erfährt. Apropos niet- und nagelfest: Schade nur, dass Bergener keinen der Dachdecker auf den Färöer-Inseln vors Mikro bekam oder das Schaf, das Mehmet Scholl mehrfach fintenreich entwischte. Wie schön, dass es in der Fußball-Bundesliga immer nur um Fußball geht. Außer, wenn Steffen Simon kommentiert. Aber wir wollen nicht gleich den Teufel an die Wand malen. 


Garantie für leere Ränge.

(Foto (c): Thomas Ottensmann)
Denn der 5. Spieltag beginnt am Freitagabend um 20Uhr30 mit dem Topspiel Hertha BSC gegen den VfB Stuttgart. Berlin mit prima Saisonstart, aber ohne Spielmacher Baumjohann, der nach Kreuzbandriss lange ausfällt. Stuttgart überraschte zuletzt mit einem 6:2-Sieg gegen 1899; es waren die ersten Punkte der laufenden Saison. Und nun? Hertha - VfB 2:1

Am Samstag um 15Uhr30 erwartet der FC Augsburg den SC Freiburg. Augsburg hat nach dem Sieg in Nürnberg schon jetzt fast so viele Punkte wie nach der gesamten letzten Hinrunde auf dem Konto. Respekt. Freiburg geht nach dem Punktgewinn gegen die Bayern und der Nachverpflichtung von Darida ein paar Zentimeter optimistischer ins Spiel. Kann man ja auch mal machen. FCA - SCF 1:1

Nachdem alle 32 Nationalspieler des FC Bayern pünktlich wieder von ihren Länderspielreisen zurückkehrten, sieht es gut aus für das Heimspiel gegen Hannover 96. Versteht sich ja von selbst. Den Niedersachsen flattert auswärts beständig die Buchse im Wind. Womit das lebhafteste Moment des 96er Spiels in der Fremde schon beschrieben wäre. Im leichtesten Spiel des Jahres gibt es in München aber nun rein gar nichts zu verlieren. Außer Tabellenplatz 3. FCB - 96 3:0

Nachdem sich der TSV Bayer 04 Leverkusen im Auswärtsspiel bei Kevin-Prince Boateng eine ungewohnte Auszeit nahm, soll im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg wieder Zug ins Spiel. Mit Eren Derdiyok hat Bayer die Bank verstärkt und gleichzeitig die Hoffenheimer Trainingsgruppe 2 geschwächt. Was für ein Schachzug. Der VfL Wolfsburg hat seine Tribüne entlastet und den ehemaligen Torjäger und ehemaligen Nationalspieler Helmes nach Köln zurück geschickt. Schade eigentlich. Ein talentierter Speerwerfer verlässt die erste Liga. Bayer 04 - VfL 3:2

Das Wichtigste vorab: Tim Wiese ist ins Bremer Tor zurückgekehrt. Beim Abschiedsspiel von Torsten Frings wurde auch deutlich, dass die Werder-Fans den Frisurenspezialisten nur allzu gern wieder im rosa Trikot zwischen den Bremer Pfosten sähen. Doch Wiese möchte gerne noch drei Jahre lang in der Hoffenheimer Trainingsgruppe 2 verweilen. In Bremen müsste er auf ein siebenstelliges Gehalt verzichten, heißt es. Das möchte der ehemalige Torwart und ehemalige Nationalspieler nicht. Aber es gibt ja Wichtigeres als Fußballspielen. Im Spiel gegen Frankfurt steht also wieder Mielitz im Bremer Tor. Was eine gute Nachricht ist. Zumindest für die Eintracht. Werder - Eintracht F 1:2

Auf Schalke ist nach der Verpflichtung von Kevin-Prince Boateng alles im Lot. Erstes Spiel, erster Sieg, ab jetzt geht es aufwärts. Ist ja auch ein tolles Mittelfeld. Jones neben Boateng. Das bürgt für Klasse und Rasse und Einsatz und Kampf. Zudem kann man ja auch mit acht Feldspielern Spiele gewinnen. Ob das nun in Mainz auch möglich ist, muss sich erst zeigen. Wir sind für alles offen. Der 1. FSV wieder mit feinem Saisonstart. Und dem gefährlichen Doppel-Müller im Kader. FSV - S04 2:1

Am Samstagabend um 18Uhr30 stehen sich an der gelben Stellwand im ehemaligen Westfalenstadion mit Jürgen Klopp und Torsten Fink gleich zwei sehr kloppähnliche Trainer gegenüber. Obwohl sie ja genau genommen nebeneinander an der Seitenlinie stehen. Der HSV ist immer für lustige Spiele und interessante Ergebnisse gut. Sagen wir mal für ein 3:3 auf Schalke oder ein 1:5 gegen Hoffenheim. Dortmund möchte möglichst viele Punkte auf dem Konto haben, ehe die Champions League los geht. Der HSV auch. BVB - HSV 1:0

Es gibt Mannschaften, gegen die andere Mannschaften einfach nicht gut aussehen. Für Gladbach ist die TSG Hoffenheim so ein Gegner. Gegen 1899 gab es nie allzuviel zu holen, schon mal gar nicht in Sinsheim. Die Borussia bislang vor allem zuhause mit ansprechenden Leistungen, auswärts dagegen mit zwei Schlappen aus zwei Spielen. Fast-Absteiger Hoffenheim bis zum 2:6 in Stuttgart mit gutem Saisonstart, aber mit 12:12 Toren nach vier Spielen. Muss man auch erst mal hinkriegen. 1899 - Borussia 1:1

Für Eintracht Braunschweig geht am 5. Spieltag die Suche nach dem ersten Bundesliga-Punkt weiter. Ein ganzes Tor gelang dem Aufsteiger bislang. Das würde schon für den knappsten aller Siege gegen den 1. FC Nürnberg reichen. Aber die Clubberer müssen nach nur zwei Punkten aus den ersten vier Spielen auch sehen, wo sie bleiben. Eintracht B - FCN 1:0

Best of Blog7 (III): Eine ehrliche Haut


(teo) Er sagte mal, er hätte im Nachhinein lieber 50 Länderspiele als 50 Anekdoten gehabt. Doch vielleicht muss man es in der Rückschau auf Ansgar Brinkmanns Fußball-Karriere einfach positiv sehen: Auch die 50 Geschichten - und das ist vermutlich noch niedrig geschätzt - kann ihm keiner mehr nehmen. Und uns, dem Publikum, den Fußball-Fans, auch nicht.

Der doppelte Ansgar.

(Foto (c): Thomas Ottensmann)
Wie damals, als er aus der Kreisklasse vom BV Cloppenburg II in die 2. Bundesliga zu Eintracht Frankfurt wechselte und vom Reporter der Zeitung mit den großen Buchstaben gefragt wurde, was er eigentlich in Frankfurt wolle. Ansgar Brinkmann musste gar nicht lange überlegen und antwortete "Das kann ich Ihnen sagen. Ich bin hier, um die Mannschaft zu verstärken." Und der Replik des Reporters "Sie haben aber Selbstvertrauen" mit einem munteren "Selbstvertrauen ist mein Hobby" begegnete.



Oder als er bei einem Hallenturnier mit Mainz 05 von den Feldjägern abgeholt wurde, weil er wochenlang den Einberufungsbescheid zur Bundeswehr irgendwie, nunja, ausgeblendet hatte. Er durfte das Turnier  zu Ende spielen, wurde später Kapitän der Bundeswehr-Nationalmannschaft. Mit einem legendären Spiel in der Ukraine, nach dem fatalerweise Wodka gegen die Kälte gereicht wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der letzte Straßenfußballer und der weiße Brasilianer - Etiketten, die an Ansgar Brinkmann haften blieben. Nicht wegen des Klebstoffs - sondern weil sie passten. Der technisch versierte Dribbelkönig von Preußen Münster, Eintracht Frankfurt, Mainz 05, vom VfL Osnabrück und Arminia   Bielefeld (Liste definitiv sehr unvollständig), der auf und neben dem Platz Gegen- und Mitspieler, von Trainern und Funktionären mal ganz abgesehen, gleichermaßen in den Wahnsinn trieb - dieser Dribbelkünstler verhedderte sich allerdings auch außerhalb des Platzes so manches Mal in den Fallstricken des Lebens.

Wie damals, als er in Gütersloh einen Blumenkübel in das Schaufenster eines Friseurladens warf und über die Dächer einiger Taxis spazieren ging. Oder in Bielefeld als es in einem amerikanischen Schnellrestaurant zu einer "verbalen Kabbelei" ("Wenn ich jetzt du wäre, wäre ich lieber ich.") mit nacktem Oberkörper kam. Oder als er in Osnabrück seinen Porsche während einer Polizeikontrolle auf der Kreuzung stehen ließ und  im Vollsprint einfach weglief. Oder als er im Trikot von Arminia Bielefeld vor dem Spiel in Bochum in der Kabine erst mal eine Pommes (rot-weiß) verdrückte, weil er mit nüchternem Magen nicht auflaufen wollte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Christian Ludewig vom Verlag 
Delius Klasing mit Ansgar
Brinkmann (re.) bei der Buch- 
Präsentation in Osnabrück.

(Foto (c): Thomas Ottensmann)
Man kann Ansgar Brinkmann wohl manches vorwerfen, aber eines sicher nicht: Dass er nicht seinen Weg gegangen wäre. Und zu allem steht, war er im Laufe seiner langen Karriere so anstellte. "Der Weg, den ich gegangen bin, war nicht immer richtig. Aber das war ich", sagt er im Vorwort zu seiner Autobiographie "Ansgar Brinkmann - Der weiße Brasilianer" (Delius Klasing 2011), die er gemeinsam mit dem Journalisten Bastian Henrichs schrieb. Vier Jahre nach seinem Abschiedsspiel auf der Bielefelder Alm, zu dem unter anderem alte Weggefährten wie die Nationalspieler Bernd Schneider, Fredi Bobic, Icke Häßler, Thomas Berthold und Uwe Bein kamen, lebt der 41-Jährige wieder in Osnabrück. Er, der in über 20 Jahren für 18 Vereine kickte und dabei 37 Trainer erlebte, ist mal wieder gewechselt. Diesmal auf die andere Seite des Profi-Fußballs.

Er, der sich in seiner Zeit bei Mainz 05 das Zimmer im Trainingslager mit dem heutigen BVB-Trainer Jürgen Klopp teilte, ist jetzt Scout. Sichtet in der ganzen Welt Talente, die es im deutschen Profi-Fußball vielleicht mal schaffen könnten. Er ist unabhängig, scoutet für viele Klubs, unter anderem auch für den SC Preußen Münster. Den Weg auf die andere Seite ebnete Reiner Calmund, der sich als Manager von Bayer 04 einst so ärgerte, weil dem Bielefelder Rechtsaußen der Ball "wie Pattex am Fuß" klebte und Brinkmann die Leverkusener Abwehr quasi im Alleingang sehr oft sehr alt aussehen ließ.

Wie wertvoll gute Talentsichtung im modernen Fußball ist, zeigen die aktuellen Beispiele aus Nürnberg, Mainz und nicht zuletzt aus Dortmund, wo mit jungen, bis vor kurzem noch nahezu unbekannten Spielern begeisternder Fußball geboten wird - der zudem noch erfolgreich ist.

Ansgar Brinkmann hat mal gesagt, dass er dem Fußball auf jeden Fall erhalten bleiben wolle, ob als Scout, Platzwart oder Trainer sei egal. Das  Enfant Terrible als Trainer? Gegenfrage: Warum nicht? Die A- und B-Lizenz hat er jedenfalls in der Tasche, die Fußball-Lehrerausbildung soll bald folgen. Denn der Fußball lässt Ansgar Brinkmann nicht los. "Das sind Momente, die man nicht kaufen kann. Jedes Spiel ist anders, jedes Spiel besonders. So ist Fußball, in jeder Liga", sagt Ansgar Brinkmann - und hat mal wieder recht.

Aber was treibt ihn eigentlich an, wo liegt für den ehemaligen Berufsfußballer der Reiz dieses angeblich einfachsten Spiels der Welt? Die Antwort gibt er in seinem Buch: "Es liegt daran, dass im Fußball alles möglich ist, dass der Kleine den Großen schlagen kann, dass es so einfach und doch so kompliziert ist." Ansgar Brinkmann begreift seinen Weg durch 20 Jahre Fußball dabei als Glücksfall. Er sagt, der Fußball habe ihn gerettet. Das darf man wörtlich nehmen. Aber auf die Frage, ob auch Wehmut bei der Arbeit an seinem Buch aufgekommen sei, braucht Ansgar Brinkmann nicht lange zu überlegen: "Wehmut nicht, eher Demut. Denn der Fußball war für mich ein großes Geschenk."

Verwunderlich ist dabei immer wieder, dass er, der für die heftig rivalisierenden Klubs aus Osnabrück, Bielefeld und Münster abwechselnd die Stiefel schnürte, trotzdem auch heute noch von den jeweiligen Fans dieser Klubs als einer der ihren gefeiert wird. So wie in Frankfurt, Dresden und Gütersloh, wo es sogar bis heute einen Ansgar-Brinkmann-Fanclub gibt. Unerklärlich? Mitnichten. Er war ja immer einer von ihnen. "Beim Fußball will ich alles mitbekommen, jede Szene, jede Geste", sagt Ansgar Brinkmann, denn "ich bin ja selbst ein Fan."

(Text, Fotos und Video (c): Thomas Ottensmann)